Archiv

Erfolgreiche Eingabe der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal und des Vereins zum Schutz der Bergwelt

Bauministerium sucht nach den Touristenströmen als Voraussetzung der Privilegierung einer künftigen „Saurüsselalm“

Betreiber schaffen Fakten

Das Antwortschreiben des Bauministeriums auf die Intervention der Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) und des Vereins zum Schutz der Bergwelt (VzSB) gegen die Genehmigung und Nutzung der Söllbachaualm  als Gaststätte liegt nun stellvertretend für alle drei angeschriebenen Ministerien Umwelt, Landwirtschaft und Bau als oberste Aufsichtsbehörden vor.
Auch die Ministerien zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Vorhabens und seiner Begleiterscheinungen.

Die Genehmigung hatte das Landratsamt Miesbach Ende August 2021 erteilt. Voraussetzung für den Umbau und die Nutzungsänderung von einer landwirtschaftlichen Almhütte in eine gastronomische "Almhütte" ist, dass es sich um ein sog. privilegiertes Vorhaben handelt.
Nur solche Vorhaben dürfen im schutzwürdigen Außenbereich verwirklicht werden. Die Bedingungen einer privilegierten Nutzung im konkreten Fall sind, dass es sich bei dem betroffenen Gebiet um einen von Wanderern und Mountainbikern stark frequentierten Bereich handelt und deshalb eine gastronomische Nutzung zur Versorgung mit einfachen Speisen und Getränken objektiv erforderlich ist.

Aus der genauen Kenntnis der lokalen Situation erachten die SGT und der VzSB die Privilegierung als vorgeschoben, um die bisher einsam gelegene Söllbachaualm zum attraktiven Ausflugslokal mit 120 Plätzen innen und ebenso vielen Sitzgelegenheiten im Außenbereich umzubauen – mit zudem 15 "genehmigten" geschlossenen Gesellschaften mit Eventcharakter für lustige Wochenenden auf der einsamen Alm.
Das Novum soll ein echter "Aufreger" werden.
Deshalb auch der neue Name "Saurüsselalm" nach einem in der Nähe verlaufenden Bachgraben anstelle des jahrhundertealten historischen Flurnamens "Söllbachaualm". Tradition hat in dieser Alm keinen Platz!

Im Antwortschreiben des Bauministeriums werden – und das bestätigt unsere Intervention – gerade die Voraussetzungen einer Privilegierung in Frage gestellt, Zitat:

"Nach eingehender rechtlicher Prüfung stellen sich für uns noch offene Fragen, deren genaue Untersuchung wir dem Landratsamt Miesbach empfehlen werden. So ist beispielsweise noch nicht hinreichend deutlich geworden, dass es sich wirklich um einen so stark frequentierten Bereich handelt, der eine gastronomische Versorgung objektiv erforderlich macht und dafür insgesamt 240 Plätze vorgehalten werden müssen.
Vor diesem Hintergrund werden wir dem Landratsamt Miesbach die aus unserer Sicht noch nicht hinreichend beleuchteten rechtlichen Aspekte aufzeigen."

Die Ministerien teilen also unsere Bedenken. Da wird man jetzt schnell die Panoramakarten an den Parkplätzen am Eingang zum Söllbachtal umzeichnen müssen, denn auf denen fehlen gänzlich die Wanderwege zur Söllbachaualm – ohne Orientierung aber keine Frequentierung! Auch die Karten des Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung dokumentieren über verschiedenen Auflagen hinweg das Gegenteil der vorgeschobenen Privilegierung: Kein einziger Wanderweg vom Söllbachgrund zur Söllbachaualm und der dahinterliegenden Scheibenaualm - nur unmarkierte Wirtschaftswege. Und wo bitte stehen im Talgrund die altehrwürdigen Schilder zu den „stark frequentierten“ Almen? Fehlanzeige! Das Gebiet war immer schon so einsam, wie es die fehlenden Wegweiser wollten!
Dafür aber gibt es seit dem Herbst diesen Jahres umso aufdringlichere Schilder zur "Saurüsselalm"!

Auch die von uns monierte LKW-taugliche neue Direktverbindung vom Söllbachgrund zur Söllbachaualm entpuppt sich – nach allem, was bekannt war, – als Schwarzbau, Zitat:

"Der bereits erfolgte Wegeausbau wird derzeit im Rahmen eines naturschutzrechtlichen Verfahrens überprüft. Das Ergebnis dieses Verfahrens bleibt abzuwarten."

Zum einen war nachträglich damit argumentiert worden, es handele sich um die Instandsetzung eines alten Weges – der war aber ein (verfallener) Fußweg und keine LKW-Straße! Zudem war vorab keine einzige der obligatorischen Prüfungen des Wegebaus beantragt worden: Anzeige nach Art. 6 Abs. 1 BayNatSchG, Befreiung nach LSG-Verordnung, Genehmigungspflicht nach dem Waldgesetz, Überprüfung der Notwendigkeit eines Verkehrsvorhabens im Einzelfall in der Zone B des Alpenplans – alles Fehlanzeige.

Nur die Genehmigung der Brücke über den Söllbach ist – entgegen der Erstinformation durch das Landratsamt – tatsächlich über die Jahre fortgeschrieben worden. Aber das ist auch alles, was vorhanden ist. Der neue, doppelstöckige Ziegenstall jedenfalls, am Rande der Almwiese, entbehrt jeder Möglichkeit einer Genehmigung – und so hat man es gleich gar nicht versucht. Da ist man sich treu geblieben.

Die SGT und der VzSB sind jedenfalls sehr gespannt, wie geduldig das Papier ist, das uns nach den weiteren Recherchen des Landratsamts zur Frage der Privilegierung und der naturschutzrechtlichen Prüfungen des Wegebaus zugehen wird. Die Faktenlage ist zu gut dokumentiert, als dass man sie ignorieren könnte. Das Ministerium ist nach seinen rechtlichen Hinweisen an das Landratsamt jedenfalls zuversichtlich:

"..... Dabei gehen wir selbstverständlich davon aus, dass das Landratsamt Miesbach beim Vollzug der Baugesetze alle rechtlichen Rahmenbedingungen einhalten wird."

Diese Zuversicht teilen wir nicht. Denn mittlerweile werden einfach Fakten geschaffen: Am 16.12.2021 ist das "Opening der Saurüsselalm" geplant.
Ministerielle Bedenken hin oder her.

"Saurüsselalm bereit für Wanderer" titelt die Tegernseer Zeitung am 14.12. Die Website signalisiert schon mal, wie man sich die "notwendige Versorgung von Wanderern durch Abgabe einfacher Speisen und Getränke" vorzustellen hat (https://sauruesselalm.de/):

"Hochgenuss: Schmankerl aus der Region treffen hier auf Genuss aus aller Welt, Einheimische auf Gäste von nah und fern. So geht hochleben! ... Wir sind nicht nur für besonders gute und gemütliche Almschmankerl zu haben, sondern auch für kulinarischen Hochgenuss. Bei uns kommt einfach JEDER auf seinen Geschmack!
Das Leben feiern. Einfach Hochleben – das ist unser Motto."

Derweil versucht das Landratsamt nach der Berichterstattung der Tegernseer Zeitung vom 14.12.2021 das Problem der fehlenden touristischen Frequentierung der Söllbachaualm alias Saurüsselalm durch eine Auswertung des Parkautomaten des Wanderparkplatzes am Söllbach nachzuweisen. Geht‘s noch? Nachdem hier alle beliebten Wanderrouten in das Gebiet zwischen Fockenstein, Schwarzen Tenn und Hirschberg ihren Ausgangspunkt haben, kennt man jetzt schon das Ergebnis.
Da muss man nichts hochrechnen. Das ändert aber nichts daran, dass jene Seite des Söllbachtals, auf der das umfangreiche Areal der Söllbachaualm und der Scheibenaualm liegt, bisher ein einzigartiger Ruheraum war – das ist ja gerade das Besondere, dass sich hier diese Oase gehalten hat!

Damit ist es nun ab dem 16. Dezember zumindest passager vorbei. Die Frage wird sein, ob sich die Ministerien dauerhaft ein X für ein U vormachen lassen. Wir werden ein – auch juristisches – Auge darauf haben.

Hier finden Sie die gemeinsame Pressemitteilung vom VzSB und SGT als PDF

Hier finden Sie das Antwortschreiben des Bayer. Staatsministeriums als PDF